Trotz des zunehmenden Bewusstseins darüber, was eine bipolare Störung ist und wie sie sich auf das Leben der betroffenen Menschen auswirkt, gibt es immer noch starke Stereotypen, die beeinflussen, wie wir den Zustand in uns selbst und in anderen definieren und erkennen können. Auch dank Filmen wie dem Liebesfilm „Silver Linings“ oder der Serie „Homeland“ können wir die Gefühlszustände der Patienten besser nachvollziehen.
Trotzdem ist es nicht gerade einfach, wenn man selbst oder ein nahestehender Angehöriger an dieser psychischen Erkrankung leidet.
Aus diesem Grund stellen wir dir hier 10 häufige Anzeichen einer bipolaren Störung, einschließlich der Symptome von Manie und Depression vor, die du nicht ignorieren solltest.
1. Veränderung des Appetits und des Schlafverhaltens
Manche Menschen greifen zu Junk Food, wenn sie depressiv sind und stopfen einfach alles in sich hinein. Andere stochern nur ohne Interesse in ihrem Essen herum. Einige schaffen es morgens überhaupt nicht aus dem Bett zu kommen, während andere die ganze Nacht wach liegen, da sich die Gedanken um das immergleiche Thema drehen.
Signifikante Veränderungen sowohl des Appetits und des Gewichts als auch des Schlafmusters – unabhängig davon, wie sie sich manifestieren – können auf einen depressiven Zyklus einer bipolaren Störung hinweisen. Behalte beide Anzeichen im Auge und hole dir professionelle Hilfe, wenn diese Symptome nicht innerhalb von zwei Wochen reguliert werden können.
2. Vermindertes Schlafbedürfnis
Die durchschnittliche Person ist begeistert von der übermäßigen Energie eines manischen oder hypomanischen Zyklus und den zusätzlichen Stunden am Tag, die sie dank einer kurzen Nacht dazugewonnen hat. Wenn du oder eine geliebte Person jedoch mehrere wochenlang bei gerade Mal vier bis fünf Stunden Schlaf gut funktioniert, kann dies auf eine Manie hinweisen.
Das Besondere ist, dass es oftmals kaum Anzeichen von Müdigkeit oder kognitive Beeinträchtigungen gibt und der Zustand als recht positiv wahrgenommen wird. In dieser Phase schlafen die Betroffenen deutlich weniger als sonst, erledigen mehr Arbeit als an gewöhnlichen Tagen und fühlen sich geradezu „beflügelt“. Doch der Absturz lässt meist nicht lange auf sich warten.
3. Impulsives und riskantes Verhalten
Die meisten Menschen sind sich dieser Symptome der Manie bewusst: der nicht endende Einkaufsbummel, bei dem die Kreditkarte bis zum Maximum strapaziert wird, die außereheliche Affäre oder eine ganz spontane Motorradreise quer durch das Land. Was für einen Menschen impulsiv ist, wird von einem anderen als vollkommen anders wahrgenommen.
Wenn du plötzlich deine Karriere als IT-Mitarbeiter in Mittelamerika beenden möchtest, um Gourmetkoch in einem New Yorker Bistro zu werden, oder drei Blockhütten kaufen willst, um sie in Upper Michigan zu renovieren, solltest du vorsichtig sein. Unüberlegte und etwas verrückt anmutende Handlungen und Gedanken können ein ernstzunehmendes Zeichen einer Manie sein.
4. Unruhe und Aufregung
Stelle dir jemanden vor, der sich nur zwei Minuten in ein Restaurant setzt, bevor er von etwas abgelenkt wird und auf einmal einen starken Drang verspürt, sich zu bewegen. Der Nachbartisch ist zu laut, die Kellnerin ist zu langsam oder der Stuhl ist zu wackelig. Manchmal entscheidet die Person auf einmal vollkommen unerwartet, dass sie gar nicht in der Stimmung für eine mexikanische Gaststätte ist oder etwas ganz anderes unternehmen will.
Eines der Hauptwarnzeichen der bipolaren Manie ist die Unfähigkeit, stillzusitzen und sich entspannen zu können. Wir reden in diesem Fall von einem wirklich launischen, hochempfindlichen Menschen mit der Aufmerksamkeitsspanne einer Fliege.
5. Rückzug von Familie und Freunden sowie mangelndes Interesse an Aktivitäten
Laut dem diagnostischen und statistischen Handbuch für psychische Störungen können Apathie gegenüber Aktivitäten, die einmal genossen wurden, und Rückzug von vertrauten Personen, Orten und Dingen auf den Abwärtszyklus einer bipolaren Störung hinweisen. Depressive Menschen werden nicht länger von Musik, Kunst, Sport oder anderen Beschäftigungen angetrieben, die einst einen Sinn und eine Bedeutung in ihnen hervorriefen.
Sie isolieren sich und wollen allein sein. Depressionen können zu starken zwischenmenschlichen Schwierigkeiten in der Partnerschaft, im Beruf und im restlichen sozialen Leben führen. Die Angehörigen fühlen sich oft wie vor den Kopf geschlagen. Meistens ist eine professionelle Hilfe durch Fachärzte in diesem Fall unumgänglich.
6. Rasende Gedanken und beschleunigte Sprache
In einer Manie können Betroffene ihre Gedanken kaum erfassen, weil sie viel zu schnell vom Teleprompter-Bildschirm in das Gehirn rollen, um sie verarbeiten zu können. Dies führt zu sehr viel Gerede, das für den Gegenüber oftmals keinen Sinn ergibt. Wer nun diese durcheinandergebrachten Gedanken mit einem deutlich gesteigerten Sprachtempo verbindet, könnte möglicherweise von einer Manie betroffen sein.
Auf Außenstehende wirkt das oft recht erschreckend und befremdlich, denn auch Personen, die normalerweise als ruhig und zurückhaltend wahrgenommen werden, können in einer manischen Phase auf einmal recht impulsiv handeln. Plötzlich gibt es tausende Dinge, die man am liebsten auf einmal erledigen möchte.
7. Hoffnungslosigkeit
Im Leben gibt es Traurigkeit, Trauer und starken Kummer. Diese Gefühlszustände machen keinen Spaß, aber sie führen in der Regel nicht dazu, eine Person zu deaktivieren. Hoffnungslosigkeit dagegen hat keinen Raum für Optimismus oder Lichtblicke, die sich durch die Dunkelheit schleichen. Hoffnungslosigkeit ist ein psychischer Zustand, den die Familienmitglieder und Freunde leicht erkennen können durch ausdruckslose Augen, eingefallene Wangen und eine Art geistiger Abwesenheit.
Das Vorhandensein von Hoffnung unterscheidet Traurigkeit von Depression. Betroffene wirken oft apathisch und haben kaum noch Lust über ihre Probleme zu reden. Oftmals kapseln sie sich völlig von der Außenwelt ab und wollen am liebsten unter der Bettdecke verschwinden.
8. Übermäßiges Selbstbewusstsein
Ein Schub an übermäßigen Selbstbewusstsein ist für viele ein verräterisches Zeichen dafür, dass sie manisch sein könnten. Betroffene beschrieben diesen Zustand zum Beispiel so, als hätten sie das Gefühl, dass das, was sie schreiben, Bestseller-Material der New York Times ist. Das Fehlen von Unsicherheit deutet für viele auf eine gewisse Inflation des Selbstvertrauens hin.
Wenn man plötzlich glaubt, mit besonderen Superkräften ausgestattet zu sein, die die Geschichte bis morgen Nachmittag verändern werden, sollte man sich lieber an einen Psychiater wenden. Solche fehlerhaften Selbsteinschätzungen können auf eine manische Episode einer bipolaren Störung hinweisen und durch den damit einhergehenden Schlafentzug auch recht gefährlich werden.
9. Probleme mit Gedächtnis, Konzentration und Entscheidungsfindung
Während einer manischen Phase fühlen sich bipolare Menschen mit ihrer zusätzlichen Energie und dem verringerten Schlafbedürfnis möglicherweise effizienter als sonst. Der Absturz ist jedoch unvermeidlich und führt zu einer Depression, die den Superman-Effekt aufhebt. Laut dem National Institute of Mental Health führt ein depressiver Zyklus zu Problemen mit dem Gedächtnis, der Konzentration und der Entscheidungsfindung.
Diese Anzeichen wiederum können die Arbeitsleistung erheblich beeinträchtigen und Fehler verursachen. Während der depressiven Phase verringert sich das Erinnerungsvermögen, worunter die Patienten natürlich sehr leiden. Laut Wissenschaftlern könne man von einer sogenannten „Pseudo-Demenz“ sprechen, da sich die Gedächtnisfähigkeiten nach Abklingen der Phase auch wieder verbessern können.
10. Beschäftigung mit dem Tod und Selbstmordgedanken
Zu guter Letzt solltest du bitte nicht die Obsession mit dem Tod unterschätzen. Wenn du beispielsweise übermäßig den Tod deiner Vorfahren reflektierst, dich fragst, wann du endlich eines natürlichen Todes sterben wirst oder die Todesanzeigen in der Zeitung studierst, solltest du das unbedingt ernst nehmen.
Jegliche Form von Selbstmordgedanken, einschließlich hypothetischer Gedankengänge, wie du dein Leben beenden könntest, müssen immer ernst genommen werden. Suche dir sofort Hilfe. Auch wenn du als Außenstehender wahrnimmst, dass eine liebe Person Andeutungen über einen Selbstmord macht oder Sachen sagt wie „Am liebsten würde ich gar nicht mehr aufwachen“, darfst du diese Warnzeichen keinesfalls unterschätzen.